Der Absatz von Wärmepumpen in der Schweiz wächst weiter, wenn auch weniger stark wie die letzten zwei Jahre. Das dürfte auch so bleiben, prognostiziert Johannes Bollmann, Vorstandsmitglied von GebäudeKlima Schweiz. Nicht überall präsentiert sich die Situation aber gleich. Ein Blick über die Grenze.

Wachstumszahlen von über 20 Prozent waren die vergangenen zwei Jahre bei Wärmepumpen keine Seltenheit. Dieses Jahr nun haben sich die Zahlen leicht abgeflacht, bleiben aber auf hohem Niveau: Im 3. Quartal 2023 wurden im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres noch rund 14 Prozent mehr Wärmepumpen verkauft, während der Absatz von fossilen Systemen weiter zurückgeht. Das zeigt die aktuelle Statistik von GebäudeKlima Schweiz, dem bedeutendsten Schweizer Hersteller- und Lieferantenverband der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Die Energiewende ist in der Schweiz also in vollem Gange. «Auch in anderen Ländern Europas läuft die Energiewende, viele sind jedoch noch nicht so weit wie die Schweiz. In Deutschland, England oder Holland ist die Marktdurchdringung der Wärmepumpen zum Beispiel weniger hoch», weiss Johannes Bollmann, Mitglied der Gruppenleitung der internationalen Anbieterin für Raumklimalösungen Zehnder Group und Vorstandsmitglied von GebäudeKlima Schweiz. Zurzeit dämpften ausserdem die höheren Bau- und Zinskosten den Neubaubereich in Europa viel stärker als in der Schweiz, und damit auch das Wachstum des Wärmepumpenmarktes. Auch sind die Lebenshaltungskosten stärker gestiegen, was sich auf die Sanierungsinvestitionen auswirke. «Deutschland zum Beispiel verzeichnet aktuell sogar ein Wachstum bei Gas- und Ölheizungen. Dies weil viele ihre bisherige Heizung noch schnell erneuern, solange die Gesetzeslage nicht geändert hat. Denn ein Systemwechsel ist meist mit höheren Startinvestitionen verbunden.» Das gleiche Bild habe man vor einigen Jahren auch in der Schweiz beobachtet. Bald aber erwartet Johannes Bollmann in Europa eine Trendwende. «Vor dem Hintergrund des europäischen Green Deals wird die Nachfrage nach Wärmepumpen in der EU in naher Zukunft stark zunehmen. Denn diese werden im Neubau quasi zum Standard. Und auch im Bestand müssen fossile Heizsysteme umgerüstet werden.»

 

Keine Engpässe mehr erwartet

Was bedeutet dies für die Schweiz? Tatsächlich wäre die Situation nicht ganz neu. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges kam es europaweit zu einem Wärmepumpen-Boom – mit entsprechenden Auswirkungen hierzulande. Denn wächst der Markt in Deutschland oder Frankreich, bedeutet dies viel höhere Stückzahlen als in der Schweiz. Da die Situation so plötzlich auftrat, stiessen damals viele Hersteller und Zulieferer an Kapazitätsgrenzen, was zwischenzeitlich zu Lieferengpässen führte. Eine Wiederholung erwartet Johannes Bollmann aber nicht. «Das Wachstum in der EU dürfte nun langsamer und kontrollierter ablaufen. Vor allem aber haben die Hersteller innert kürzester Zeit viel in den Ausbau der Produktionskapazitäten investiert.» Johannes Bollmann vermutet zudem, dass der wachsende europäische Markt sogar weitere Hersteller anlockt, für die Europa bisher kaum interessant war, was das Angebot zusätzlich erhöhen dürfte. Herausforderungen sieht er aber beim Planungsknowhow und bei der Installationskapazität auf die EU zukommen. «Aufgrund unserer hohen Wärmepumpendichte sind wir diesbezüglich in der Schweiz bereits sehr gut aufgestellt, auch dank des Aus- und Weiterbildungsangebots von GebäudeKlima Schweiz.

Stagnierende Zahlen bei Komfortlüftungen

Während die Schweiz im europäischen Vergleich bei den erneuerbaren Wärmeerzeugern eine Vorreiterrolle einnimmt, ist das an anderer Stelle nicht der Fall. So braucht es für eine erfolgreiche Energiewende nicht nur erneuerbare Wärme, der Energieverbrauch muss auch gesamthaft gesenkt werden, unter anderem mit einer luftdichten Gebäudehülle. Gemäss Johannes Bollmann sollte diese jedoch Hand in Hand mit einer Komfortlüftung gehen. «Ansonsten leidet das Innenraumklima und die Luftqualität. Gleichzeitig geht viel Energie durch das Fensterlüften verloren.» Trotzdem seien die Absatzzahlen bei den Komfortlüftungen in der Schweiz stagnierend. Herausforderungen sieht Johannes Bollmann, der innerhalb der Zehnder Group das Europageschäft für Lüftungen verantwortet, vor allem bei Bestandesbauten, bei denen eine Komfortlüftung teilweise nur aufwändig zu realisieren sei. «Deshalb entwickeln wir gezielt für den Sanierungsbereich Lüftungslösungen zum Beispiel mit aktiven Überströmern zur Vereinfachung des Luftverteilsystems oder mit semidezentralen Lüftungsgeräten zur Aussenwandmontage.» Schliesslich dürfe die Energiewende auch in der Renovation nicht auf Kosten eines gesunden und komfortablen Innenraumklimas gehen.

Marktzahlen GebäudeKlima Schweiz

Der Branchenverband GebäudeKlima Schweiz erfasst regelmässig Absatzzahlen und vergleicht die Entwicklungen. Im dritten Quartal 2023 entwickelten sich die Zahlen im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Vorjahr wie folgt:

Kessel Öl/Gas:                           – 45 %

Brenner:                                     – 25 %

Wärmepumpen:                        + 14 %

Holzheizungen:                          – 38 %

Solar:                                          – 18 %

Wassererwärmer/Speicher:         – 5 %

GebäudeKlima Schweiz

GebäudeKlima Schweiz ist der bedeutendste Schweizer Hersteller- und Lieferantenverband der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Die Mitglieder sind mehrheitlich Systemanbieter und unterhalten gesamtschweizerische Verkaufs- und Servicenetze. Als «Stimme der Gebäudetechnik-Industrie» bringt GebäudeKlima Schweiz die Meinung der Industrie zu aktuellen Themen in die politische Diskussion mit ein, verhandelt mit Behörden und Verbänden, engagiert sich für optimale Rahmenbedingungen für die Schweizer Gebäudetechnik-Industrie, übernimmt eine wichtige Rolle in der Aus- und Weiterbildung und wird durch den branchenübergreifenden Austausch unter den Mitgliedern zu einem wichtigen Innovations- und Kompetenzzentrum.

Weitere Informationen: www.gebaeudeklima-schweiz.ch

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