Landwirt Jean Arter* pflegt seine vier Hektaren Wald vorbildlich, hat in den letzten Jahren aber zunehmend Mühe, das Holz zu verkaufen. Anderen Landwirten im Dorf, aber auch dem Gemeindeförster geht es gleich. Deshalb sind sie auf die Idee gekommen, in Arters Scheune eine Holzschnitzelheizung einzubauen und über ein Wärmenetz die nah gelegenen öffentlichen und privaten Liegenschaften zu versorgen. Eine gute Idee, aber Arter biss sich bei der Realisierung die Zähne aus.

Die sinnvolle Idee, die einen Beitrag an die Reduktion der Klimaerwärmung, an die Waldpflege sowie an die Förderung der lokalen und regionalen Wirtschaft hätte leisten können, scheiterte weder am Geld noch an der Technik sondern am Raumplanungsgesetz RPG und dessen Vollzug durch den Kanton. Arter und seine Mitstreitenden sind kein Einzelfall. Leider klemmt das RPG immer wieder sinnvolle Projekte ab. Für viele ist das RPG ein Buch mit sieben Siegeln. Tatsächlich ist es aber ein einflussreiches Regelwerk. Es bestimmt das Gesicht unseres Landes.

Das Raumplanungsgesetz will die Schönheit des Landes erhalten

Zu den wichtigsten Massnahmen des RPG gehören die kantonalen Richtpläne, die durch den Bundesrat zu genehmigen sind. Sie sollen die Schönheit unseres Landes erhalten und fördern. Dabei geht es zum Beispiel um die Aufteilung von Gebieten, die sich für Landwirtschaft, Siedlung, Naturschutz, Erholung oder Energieproduktion eignen. Sogenannte Nutzungspläne ordnen die zulässige Nutzung des Bodens, indem sie die Flächen in Bau-, Landwirtschafts- und Schutzzonen unterteilen. Das Waldareal – immerhin rund dreissig Prozent unserer Landesfläche – ist durch die Forstgesetzgebung umschrieben und geschützt. Er ist damit nicht Gegenstand des RPG. Klar ist: wer baut, bekommt es mit dem RPG zu tun. Das ist grundsätzlich auch richtig so, denn ohne RPG würde die Schönheit unseres Landes wohl der wilden Bauspekulation geopfert werden.

Das Raumplanungsgesetz verhindert sinnvolle Projekte

Wenden wir uns wieder Jean Arter zu, dessen Scheune in der Landwirtschaftszone liegt. In der Landwirtschaftszone dürfen gemäss Artikel 16a des RPG nur zonenkonforme Bauten und Anlagen erstellt werden. Infrastrukturen zur Gewinnung von Energie aus Biomasse sind ausdrücklich erlaubt, sofern «die verarbeitete Biomasse einen engen Bezug zur Landwirtschaft sowie zum Standortbetrieb hat». Diese Formulierung wirkt stark einschränkend, da eine Anlage nur dann erstellt werden kann, wenn der damit genutzte Rohstoff aus dem Standortbetrieb stammt. Da Arter sein eigenes Holz, aber zusätzlich auch dasjenige weiterer Landwirtschaftsbetriebe sowie Holz aus dem Gemeindewald energetisch nutzen will, fällt er durch die engen Maschen des RPG. Und prompt verweigerte der Kanton die Bewilligung zum Bau der Holzschnitzelheizung sowie der unterirdischen Wärmeleitungen durch das Landwirtschaftsland. Es wäre zwar möglich gewesen, von einer Ausnahmeregelung Gebrauch zu machen. Der Kanton sah davon aber ab. Jean Arter konnte und wollte sich nicht auf einen langen und teuren Rechtsstreit einlassen und hat sein Projekt begraben…

Verschiedene Kantone legen das RPG in Bezug auf den Bau von Holzschnitzelheizungen in Bauernbetrieben und insbesondere von Wärmeleitungen durch Landwirtschaftsland sehr restriktiv aus. Sie fordern die Verlegung der Leitungen unter bestehenden Strassen. Dies verursacht viel höhere Kosten als das Verlegen durch eine Wiese und verteuert die klimaneutrale Holzenergie derart, dass die Projekte unwirtschaftlich werden. Die Kantone verhindern damit Initiativen wie diejenige von Jean Arter, der dazu sagt: «Gasleitungen durchziehen bei uns Feld und Wald. Aber eine einfache Leitung für die Wärme aus Holz parallel zur Strasse wird verboten. Wo bleibt da der gesunde Menschenverstand?» Tatsache ist: Eine grosse Chance, im ländlichen Raum eine sinnvolle, wirtschaftliche und klimaneutrale Energieproduktion zu realisieren, wurde nicht genutzt.

Die Revision des RPG kann unsinnige Hemmnisse beseitigen

Holzenergie Schweiz wird regelmässig mit solchen Projekten konfrontiert und will deshalb eine momentan laufende Teilrevision des RPG (RPG 2) für eine gute und gesamtschweizerische Lösung nutzen. Zusammen mit dem Verband Fernwärme Schweiz VFS, mit dem Verband Ökostrom Schweiz wurden zwei Änderungsvorschläge zur Beseitigung der erwähnten Hemmnisse erarbeitet und in den Entwurf des RPG 2 eingebracht. Der erste Vorschlag würde es Jean Arter ermöglichen, in seiner Anlage auch das Holz aus dem Gemeindewald und aus anderen Bauernbetrieben zu nutzen. Der diesbezügliche Art. 16a Abs. 1bis und 2 soll lauten: «Bauten und Anlagen zur Gewinnung und für den Transport von Energie aus Biomasse … sind auf einem Landwirtschaftsbetrieb zonenkonform, wenn die verarbeitete Biomasse einen engen Bezug zur Land- oder Forstwirtschaft des Standortbetriebs und von Betrieben in der Umgebung hat.». Im zweiten Vorschlag geht es um die Wärmenetze: Art. 24ter Bauten und Anlagen für thermische Netze soll den Bau von Wärmenetzen über Landwirtschaftsland erleichtern: «Thermische Netze, die für die Reduktion des Verbrauchs nicht erneuerbarer Energien einen Beitrag erbringen, können wenn nötig ausserhalb der Bauzonen bewilligt werden.» Die Vernehmlassung des RPG 2 läuft zurzeit. Werden diese Änderungen angenommen, bedeutet dies einen grossen Fortschritt für die Nutzung der Holzenergie im ländlichen Raum.

Einzelne Kantone wollen vorausgehen

Schon etwas weiter ist man im Kanton in St. Gallen. Im Frühling 2021 wurde im Kantonsrat das Standesbegehren «Holzenergienutzung in der Landwirtschaftszone wirklich eine Chance geben» eingereicht. Es verlangt eine weitgehende Öffnung der Landwirtschaftszone für Holzenergieanlagen. Der St. Galler Kantonsrat stimmte dem Vorstoss am 20. April 2021 mit 71 zu 31 Stimmen zu, nun ist das Parlament am Zug. Erfreulicherweise macht das Beispiel Schule: Am 7. Juni 2021 erfolgte im Grossen Rat Bern die Einreichung einer ähnlichen Standesinitiative: Bauten und Anlagen zur Energiegewinnung aus verholzter Biomasse sind in der Landwirtschaftszone unabhängig von einem aktiven Landwirtbetrieb zonenkonform, wenn sie für den Betrieb eines Wärme- oder Stromverbundnetzes im Siedlungsgebiet eingesetzt werden. Bei beiden Standesbegehren hat Holzenergie Schweiz aktiv und unterstützend mitgewirkt.

Es liegt nun an der Politik, Weichen für eine sinnvolle Nutzung der einheimischen Holzenergie zu stellen und einen Beitrag an die Erreichung der Klimaziele zu leisten.

*Name geändert

Kontakt: info@holzenergie.ch
Webseite: https://www.holzenergie.ch

Bildquelle: Holzenergie Schweiz, Christoph Rutschmann