Jahrelang waren zum Marktanteil der Genossenschaftswohnungen nur Schätzungen möglich. Nun gibt es wieder aussagekräftige Zahlen. Sie zeigen: Trotz hohem Bedarf an preisgünstigen Wohnungen ist der Anteil der Genossenschaftswohnungen am Wohnungsmarkt in den letzten Jahren auf tiefem Niveau verharrt beziehungsweise gar leicht gesunken. Nur gerade acht Prozent aller Mietwohnungen respektive 4,5 Prozent aller bewohnten Wohnungen gehören Wohnbaugenossenschaften.

Nicht einmal jede zehnte Mietwohnung in der Schweiz gehört einer Wohnbaugenossenschaft. Fast die Hälfte der Mietwohnungen sind im Besitz von Privatpersonen, ein Drittel gehört institutionellen Anlegern. Dies geht aus der aktuellen Studie zum Bau- und Wohnungswesen des Bundesamtes für Statistik (BFS) hervor.

Mit der jüngst veröffentlichten Statistik stehen nun endlich wieder aussagekräftige Zahlen über den Marktanteil der Genossenschaftswohnungen in der Schweiz zur Verfügung. Bis ins Jahr 2000 lieferte die Volkszählung alle zehn Jahre Informationen über die Bevölkerung, Haushalte, Gebäude und Wohnungen. Zur Jahrtausendwende gehörten 7,9 Prozent aller Mietwohnungen Wohnbaugenossenschaften, genauso viele wie heute. Trotz steigender Mietkosten und einem hohen Bedarf an preisgünstigen Wohnungen ist der Anteil der Genossenschaftswohnungen am Mietwohnungsmarkt in über 20 Jahren nicht gestiegen. Beim Gesamtwohnungsbestand ist der Marktanteil sogar gesunken: Im Jahr 2000 gehörten 5,1 Prozent aller bewohnten Wohnungen in der Schweiz Genossenschaften, heute noch 4,5 Prozent.

«Es ist unverständlich, dass der Marktanteil der Genossenschaftswohnungen noch immer so tief ist», betont Eva Herzog, Präsidentin von Wohnbaugenossenschaften Schweiz. «Die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus ist ein Verfassungsauftrag, und die Bevölkerung hat in den letzten Jahren in Abstimmungen und Umfragen wiederholt bekräftigt, dass sie sich mehr preisgünstige Wohnungen wünscht. Nun braucht es auch den politischen Willen, dafür zu sorgen.» In den letzten Jahren haben Wohnbaugenossenschaften viel gebaut und mit innovativen Leuchtturmprojekten neue Standards gesetzt. Aber mit der Bautätigkeit im renditeorientierten Sektor und den hohen Bodenpreisen können sie nicht mithalten. Der Dachverband der Schweizer Wohnbaugenossenschaften fordert deshalb eine verstärkte Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaus, etwa einen verbesserten Zugang zu geeigneten Arealen, raumplanerische Anreize oder finanzielle Starthilfen.

Statistik zu den Eigentumsverhältnissen im Wohnungsmarkt
Seit 2010 wird für die Volkszählung nur noch ein kleiner Teil der Bevölkerung schriftlich befragt. Damit standen bis jetzt keine verlässlichen Zahlen zu den Eigentumsverhältnissen im Wohnungsmarkt mehr zur Verfügung. Die sogenannte Strukturerhebung liefert zwar ebenfalls Zahlen zum Marktanteil der Genossenschaftswohnungen, diese Zahlen liegen jedoch nachweislich zu tief. Gemäss Strukturerhebung gehören in der Schweiz 2,6 Prozent aller bewohnten Wohnungen respektive rund 110’000 Wohnungen Wohnbaugenossenschaften. Die Differenz von über 60’000 Wohnungen lässt sich zum Teil damit erklären, dass die befragten Personen zwar in einer Genossenschaftswohnung wohnen, aber selber nicht Genossenschafterinnen oder Genossenschafter sind. Zudem ist offenbar vielen Befragten nicht bewusst, dass sie in einer Genossenschaftswohnung wohnen.

Diese Woche publizierte das Bundesamt für Statistik neu über drei Jahre kumulierte Daten aus der Erhebung des Mietpreisindexes, die auch Auskunft geben über die Eigentumsverhältnisse von Mietwohnungen. Damit stehen nun erstmals wieder aussagekräftige Daten über den Marktanteil der Genossenschaftswohnungen zur Verfügung. Zudem sind Analysen für die Kantone und die sechs grössten Städte der Schweiz möglich. Bei den Städten führt Zürich mit 23,5 Prozent aller Mietwohnungen im Besitz von Genossenschaften die Liste an, gefolgt von Winterthur (14,4 Prozent), Basel (13,0 Prozent), Lausanne (9,6 Prozent), Bern (9,5 Prozent) und Genf (7,0 Prozent). Bei den Kantonen sind es insgesamt fünf, bei denen der Anteil Genossenschaftswohnungen an den Mietwohnungen im zweistelligen Bereich liegt: Zürich (14,7 Prozent), Basel-Stadt (13.6 Prozent), Luzern (13,0 Prozent), Nidwalden (12,6 Prozent) und Uri (10,5 Prozent). Zuunterst auf der Rangliste stehen die Kantone Tessin, Schwyz, Obwalden, Solothurn und Wallis, wo Genossenschaften nur rund zwei Prozent aller Mietwohnungen besitzen. Die Studie kann hier abgerufen werden.

Webseite: https://www.wbg-schweiz.ch/