Das Tiny House Movement (auch Small House Movement genannt, englisch Bewegung für winzige Häuser) ist eine gesellschaftliche Bewegung mit Ursprung in den USA, die das Leben in kleinen Häusern propagiert. Die Bewegung findet auch ihren Ausdruck in der Architektur, indem zunehmend auch Klein- und Minihäuser geplant und realisiert werden, wobei keine feste Definition dafür existiert, bis zu welcher Wohnflächengröße ein Gebäude als Tiny House (Mikro- oder Minihaus) und ab wann es als Small House (Kleinhaus) bezeichnet wird. Tiny Houses werden zumeist zwischen 15 und 45 m² und Small Homes mit bis zu 90 m² Wohnfläche beschrieben.
Hintergrund
Obwohl demographisch gesehen die Anzahl der in einem Haushalt zusammenlebenden Personen in vielen Industrienationen generell sank, nahm in einigen dieser Länder die Größe der neu errichteten Einfamilienhäuser zu. In den USA beispielsweise stieg die durchschnittliche Wohnfläche von Einfamilienhäusern von 165 m² im Jahre 1978 auf 230,3 m² im Jahre 2007. Gründe hierfür waren der zunehmende materielle Wohlstand, also auch Platzbedarf für angehäufte Güter, sowie das Prestige. Vergleichbar zu Automobilen kann auch ein Eigenheim als Statussymbol oder als Ausdruck des persönlichen Erfolges herangezogen werden. Small bzw. Tiny Houses verursachen hingegen deutlich geringe Bau- sowie laufende Kosten. Nicht zuletzt aufgrund dieser Tatsache hat das Small House Movement seit der Finanzkrise ab 2007 wieder vermehrt Aufmerksamkeit erfahren.
Dabei deckt die Entwicklung von Minihäusern ein breites Spektrum von Nutzern und Bewohnern ab. Sie reicht von einfachen von den Bewohnern selbst erstellten bzw. umgebauten Bau-, Schäfer- und Zirkuswagen bis hin zu hochwertig und professionell erstellten Modellen.
Das Tiny House Movement wird zumeist mit einem Downsizing bzw. Gesundschrumpfen verbunden. Während der Ursprung vornehmlich in einer notwendigen Kostenreduktion gesehen werden kann, haben sich die Entscheidungsgründe in Ländern wie den USA, aber auch in Deutschland vornehmlich in Richtung eines nachhaltigen Wohnens und Lebens entwickelt. Aber auch einkommensstärkere Bevölkerungskreise nutzen vermehrt Tiny Houses als Gäste- oder als Wochenendhaus. Ebenso entdecken immer mehr Unternehmen Tiny Houses als Geschäfts- oder Messebüros.
Der Beginn der Gegenbewegung zu „Bigger is better“ wird Sarah Susanka, einer aus England stammenden und in den USA lebenden Architektin, zugeschrieben, die 1997 das Buch The Not So Big House – A Blueprint For the Way We Really Live veröffentlichte. Mit dem zunehmenden Umweltbewusstsein breitete sich auch das Small House Movement zunehmend auf andere Länder aus: In Tokyo, wo Platz kostbar ist, baute der Architekt Takaharu Tezuka das House to Catch the Sky (englisch „Das Haus, das den Himmel einfängt“), ein 42,5 m² kleines Haus für vier Personen; in Barcelona stellten die spanischen Architekten Eva Prats und Ricardo Flores das 28 m² kleine Casa en una Maleta (spanisch „Haus im Koffer“) vor; nach den Verwüstungen von Hurrikan Katrina entwickelte Marianne Cusato, eine amerikanische Designerin, als Alternative zu den FEMA-Trailern (Notunterkünfte, die die Federal Emergency Management Agency den Hurrikan-Opfern zur Verfügung stellt) die Katrina Cottages mit 28,6 m² Wohnfläche.
Als Stimme des Tiny House Movement versteht sich die Small House Society, eine 2002 gegründete Vereinigung, die ihre Aufgabe in der Förderung von Erforschung, Entwicklung und Nutzung kleinerer Wohnräume sieht, welche nachhaltiges Wohnen von Einzelpersonen, Familien und Gemeinschaften auf der ganzen Welt begünstigen sollen.
Ökologie und Nachhaltigkeit
Oft wird auf die Verwendung von möglichst ökologischen Baustoffen wie Holz und als Dämmstoff Schafwolle, Hanf oder Seegras sowie sonstige recycelte oder recyclingfähige Baustoffe verwiesen. Auf diese Weise soll auf einen möglichst schonenden Umgang mit zur Verfügung stehenden Ressourcen Wert gelegt werden. Allerdings ist es mit ökologischen Dämmstoffen schwieriger als mit herkömmlicher Dämmung, die Vorgaben der Energieeinsparverordnung (EnEv) zu erfüllen, die bei der Beantragung einer Baugenehmigung auch bei kleinen Wohngebäuden mit weniger als 50 m² erforderlich werden kann.
Einerseits ist es möglich, bei dickeren Wänden die Anforderungen zu erfüllen, andererseits wird auf bautechnisch dünne Außenwände, Fußböden und Decken verwiesen, die grundsätzlich keine ausreichende Dämmung liefern können. Eine sinnvolle Nachhaltigkeit wird dann langfristig mit einem deutlich erhöhten Energieverbrauch erkauft. Deshalb sollte der Nachhaltigkeit der Vorrang gegenüber der Verwendung von ökologischen Materialien gegeben und entsprechend auf hochdämmende Stoffe, wie zum Beispiel XPS (Extrudierter Polystyrol-Hartschaum), PUR (Polyurethane) oder auch spezielle Wärme reflektierende Isolationsfolien, zurückgegriffen werden.
Heizsysteme wie Holzscheitkamine sind zumeist nicht auf die geringen Raumvolumina von Tiny Houses ausgelegt, dementsprechend überdimensioniert und lassen sich temperaturtechnisch kaum energiebewusst regeln. Wie jede Feuerstelle muss auch ein Holzkamin im Tiny House vor Inbetriebnahme vom Bauherrn durch den zuständigen Bezirksschornsteinfegermeister abgenommen und danach regelmäßig überprüft werden. Die genauen Bestimmungen wie auch der Einsatz von Filtersystemen regeln die Bauordnungen der jeweiligen Bundesländer. Alternativen im Sinne der Nachhaltigkeit können moderne elektronisch gesteuerte Pelletöfen darstellen.
Eine besondere Rolle bei Tiny Houses spielen energetische Systeme, die eine gewisse Unabhängigkeit bzw. Autarkie von öffentlichen Versorgungssystemen bieten sollen.
So darf Regenwasser durchaus gesammelt und zur Bewässerung des Gartens oder für die Toilettenspülung verwendet werden. Dabei sind Leitungen für Trinkwasser und Regenwasser deutlich voneinander zu trennen und dauerhaft farblich zu kennzeichnen. Eine Nutzung von Regenwasser als Trinkwasser ist in Deutschland grundsätzlich verboten.
Die Klärung von Abwasser durch Haus- bzw. Kleinkläranlagen und das Einleiten von Abwasser in Oberflächengewässer oder das Grundwasser sind, soweit seitens der zuständigen Kommune keine generelle Pflicht zum Anschluss an das öffentliche Abwassersystem besteht, grundsätzlich möglich und genehmigungspflichtig.
Mit Photovoltaikanlagen kann im Inselbetrieb eines Tiny Houses – ähnlich wie bei Wohnwagen – ein Minimalbedarf an Strom unabhängig von öffentlichen Stromnetzen erzeugt werden. Die konstruktionsbedingt geringe Dachfläche eines Tiny Houses ist hingegen für eine vollständig autarke Versorgung oftmals weniger geeignet. Zudem erscheint der Einsatz von Kleinstanlagen als Ergänzung zur Versorgung über das öffentliche Stromnetz unter ökonomischen wie auch ökologischen Bedingungen als zumindest prüfenswert.
Solarthermieanlagen zur Wassererhitzung in einem Tiny House können sowohl unter ökonomischen als auch unter Nachhaltigkeitsbedingungen eine sinnvolle Ergänzung darstellen.
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