Bei der Bauabnahme gilt es, genau hinzuschauen: Pfusch und Ärger beim Bau sind leider keine Seltenheit. Wohnungskäufern blüht immer wieder die eine oder andere unangenehme Überraschung: falsch gelieferte Bauteile, Überschwemmungen im Keller oder verkehrt herum montierte Fenster. Zeit- und Kostendruck, oft auch mangelnde Planung oder eine schlechte Bauleitung sind die Ursache dafür, dass in vielen Fällen Baumängel auftreten.

Bauabnahme: Was gilt nach Gesetz?
Umso wichtiger ist es, dass die Wohnungskäufer und Bauherren auf ihre Rechte pochen. Dazu gehört die Bauabnahme: also die gründliche Prüfung des fertig gestellten Bauwerks. Nach Obligationenrecht OR gilt für ein unbewegliches Bauwerk, also z. Beispiel ein Haus, eine Verjährungsfrist für Mängel von fünf Jahren. Für Haushaltapparate wie Kühlschrank, Geschirrspülmaschine etc. gilt normalerweise eine Frist von zwei Jahren. Das ist also eine gute Nachricht: Die Unternehmer, Handwerker und Lieferanten müssen für ihre Arbeit geradestehen. Während den genannten Fristen von zwei bzw. fünf Jahren müssen sie Mängel beheben, sofern diese sofort angezeigt werden.

Die meisten Fachleute empfehlen, Mängel schriftlich zu beanstanden. Der Klarheit und Beweisbarkeit wegen ist diese Form einer bloss mündlichen Reklamation bzw. Mängelrüge vorzuziehen. Je nach Fall und Verjährungsfrist muss man beweisen können, dass ein Mangel sofort nach dessen Entdeckung gerügt worden ist. Die Rechte und Lösungsansätze bei Mängeln sind unterschiedlich. Meist kommt man aber überein, dass der Unternehmer die Arbeit unentgeltlich nachbessert.

Dabei ist zwischen Sichtmängeln und verdeckten Mängeln zu unterscheiden: Sichtmängel sind solche, die bei normaler Prüfung und Sorgfalt ohne weiteres erkennbar sind – zum Beispiel sichtbare Risse in Wänden, Verputz oder in Holzelementen. Auch eine Türe oder ein Fenster, die nicht richtig schliessen, gelten als offensichtlicher Mangel. Aber was ist überhaupt ein Mangel? Die Experten pflegen zu antworten: eine Abweichung von dem, was im Vertrag zugesichert ist. Klar definierte Leistungen und Qualitätsstandards sind daher schon im Vorfeld wichtig! Grundsätzlich darf man aber auch die heute anerkannten Standards voraussetzen (Stand der Technik, Regeln der Baukunde).

Bauabnahme: Was sind verdeckte Mängel?
Verdeckte Mängel kommen erst später ans Licht, können aber dennoch gerügt werden. Nach OR sind Sichtmängel bei der Bauabnahme zu rügen, verdeckte Mängel müssen bei der späteren Entdeckung sofort gerügt werden. Besser fährt der Auftraggeber von Bauarbeiten, wenn er einen Bauvertrag nach der SIA-Norm 118 abschliesst: Unter dieses Voraussetzung kann er nämlich während der ersten zwei Jahre seit der Bauabnahme Mängel aller Art jederzeit rügen. Mit anderen Worten: Selbst wenn kein Abnahmeprotokoll erstellt wurde, kann er in dieser Zeitspanne Mängel rügen und eine Nachbesserung verlangen. Danach läuft noch einmal eine weitere Frist von drei Jahren für verdeckte Mängel. Vorsicht: Diese SIA-Norm gilt aber nur, wenn sie im Vertrag ausdrücklich zugesichert ist.

Für die Bauabnahme kann es sich lohnen, einen guten Experten beizuziehen. Denn Hand aufs Herz: Welcher Laie weiss schon, welche Genauigkeit oder Sorgfalt er von einem Gipser oder einem Maler erwarten kann? Und wer weiss darüber Bescheid, ob die heute oft installierten komplexen Anlagen für Haustechnik, Heizung, Verkabelung etc. professionell und frei von Mängeln ausgeführt sind?

Bauabnahme: Tipps vom Experten
Othmar Helbling, Vorstandsmitglied der Kammer unabhängiger Bauherrenberater KUB beim Branchenverband SVIT, hält dazu fest: «Gerade bei einem Wohnungskauf ab Plan nehmen die Käufer ihre Rechte bei der Bauabnahme und Mängelrüge oft nicht richtig wahr.» Die Gründe dafür sind vielfältig: Vor lauter Vorfreude auf den Tag des Einzugs geraten die rechtlichen Aspekte in den Hintergrund. Oft ist es auch Unwissenheit und Unerfahrenheit, die dazu verleiten, dass sich die Leute viel zu wenig für ihre Interessen einsetzen.

«Für besonders gravierend halte ich es», so Experte Helbling, «dass die Leute bei der Fertigstellung fast nur an ihre eigene Wohnung denken, aber kaum an das Gebäude als Ganzes.» So kommt zum Beispiel ein Hick im Parkett oder ein Fehler bei der Einrichtung der Küche viel eher ans Licht als Mängel in der Tiefgarage. Dasselbe gilt für die Haustechnik, die Wärmepumpe oder die Gebäudehülle. Helbling betont, dass weit mehr als die Hälfte der Mängel nicht die einzelne Wohnung betreffen, sondern Elemente am gemeinschaftlichen Gebäude (soweit es sich um einen Neubau im Stockwerkeigentum handelt).

Noch ein weiteres «Müsterchen» aus dem Fundus des Experten: Häufig kommt es vor, dass die gemeinschaftlichen Teile einer Überbauung vom provisorisch eingesetzten Verwalter abgenommen werden. Auch dies ist eine fragwürdige Praxis, zumal ja der Verwalter meist dem Unternehmer und Verkäufer nahe steht und nicht unbedingt die Interessen der Wohnungskäufer vertritt. Othmar Helbling sagt weiter: «Ich habe es schon erlebt, dass der Verwalter selbst gröbste Mängel und Fehler ganz einfach toleriert hat, zum Beispiel ein bloss zur Hälfte gelieferter Spielplatz der Siedlung!» Im gleichen Fall habe der Verwalter sogar den Ersatz von den geplanten Kunststeinplatten im Treppenhaus durch billigste Betonelemente einfach «durchgewunken» und im Abnahmeprotokoll akzeptiert.

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