Vom Nebenprodukt zum Motor der Waldbewirtschaftung

Es gab einst Zeiten, da bestritten etliche Gemeinden in der Schweiz ihre gesamten Ausgaben mit dem Verkaufserlös von Holz aus dem eigenen Wald. Sie konnten auf das Einziehen von Gemeindesteuern verzichten! Wie war das möglich?

Der Rohstoff Holz hatte einen ganz anderen Wert als heute. Der Erlös aus dem Verkauf eines einzigen schönen Baumstamms reichte für zwei bis drei Wochenlöhne eines Waldarbeiters. Heute kann man mit demselben Stamm gerade noch einen bis drei Stundenlöhne bezahlen! Der dramatische Zerfall des Wertes von Holz blieb nicht ohne Folgen. Heute nutzen wir viel weniger Holz als nachwächst, und die Waldbewirtschaftung ist vielerorts defizitär. Waldbesitzer verzichten deshalb oft auf jegliche Nutzung. So bleibt einer der wenigen Rohstoffe unseres Landes ungenutzt stehen. Stattdessen kaufen wir Substitutionsprodukte, die zu einem guten Teil aus nicht erneuerbaren Zutaten bestehen und das Klima entsprechend belasten. Dadurch überaltert der Wald mit der Zeit. Er wird anfälliger gegen Stürme und Schädlinge. Der wertvollen Ressource Schweizer Holz droht die Abschiebung in die Rumpelkammer der Geschichte. Dies, obwohl Holz das Zeug zu einem Superstar in der Bau- und Energiewirtschaft hat

Die Holznutzung ist unrentabel. Darum nutzen wir viel weniger Holz als nachwächst!

Händeringend suchen Waldbesitzer und Forstleute seit Jahren nach Lösungen, wie sie aus dem Tief herausfinden können. Und siehe da, sie wurde gefunden. Einmal mehr zeigt sich im wörtlichen Sinn, wie naheliegend das Gute ist. Nämlich im Umkreis weniger Kilometer, in der eigenen Gemeinde oder den Gebieten unmittelbar drumherum. Wie soll das funktionieren? Man muss den Mut haben, alte Zöpfe abzuschneiden. Ein kaum ausrottbarer Zopf ist die Meinung, alles Holz müsse prinzipiell als Baustoff und Rohstoff für die Holzindustrie Verwendung finden. Erst ganz am Schluss dürfe man an eine energetische Nutzung denken. „Das ist graue Theorie und trägt den hochtrabenden Titel Kaskadennutzung. Damit geht man in Schönheit unter.“, sagt Robert Walthert, Forstverwalter der Korporation Willisau. Er hat zusammen mit Mitstreitern in Willisau altes Gedankengut auf den Kopf gestellt: „Manchmal muss Unten nach Oben, wenn man weiterkommen will“. Wenn niemand Stammholz will und dessen Preise dauernd am Boden liegen, dann müssen neue Absatzkanäle geschaffen werden. Der beste neue Kanal ist die energetische Nutzung des Holzes.

 

Holzheizungen mit Wärmenetzen sind das beste Mittel gegen die wirtschaftlichen Probleme der Waldwirtschaft

 

So hat die Korporation Willisau als grösste lokale Waldeigentümerin zusammen mit der Einwohnergemeinde Stadt Willisau eine Allianz geschmiedet und in beispielhafter Zusammenarbeit eine Holzschnitzelanlage mit Wärmeverbund realisiert. Sie versorgt alle städtischen und kantonalen Schulen, das Sportzentrum mit grossen Turnhallen und Hallenbad, das Freizeit- und Tenniszentrum sowie eine grosse Anzahl privater Wohnhäuser (fast die ganze Altstadt) mit CO2-neutraler Wärme aus dem nahen Wald. Bequemer geht es nicht mehr. Der Forstbetrieb verkauft als zweites wirtschaftliches Standbein also nicht mehr nur das Holz, sondern auch Wärme. „Kilowattstunden statt Kubikmeter ist unser zusätzliches Geschäftsmodell“, erklärt der Korporationspräsident, Ludwig Peyer. Und da es in unseren Breiten jedes Jahr eine kalte Saison gibt, besteht eine immer wiederkehrende Nachfrage nach Energieholz. Natürlich ist es sinnvoll, ein Haus aus Holz zu bauen. Einmal gebaut, schafft dieses Haus aber keine zusätzliche Nachfrage nach Holz. „Zudem wächst in unserem Wald genügend Holz nach, so dass wir sowohl Holz für Holzbauten als auch Holz für die Wärmeproduktion liefern können“,  präzisiert Peyer und ergänzt: „Die Anlage ist heute, nach einigen Jahren Betrieb und massiven Ausbauten, praktisch ausgelastet. Trotzdem gibt es immer  noch Liegenschaftsbesitzer, die ihre Häuser ans Wärmenetz anschliessen wollen. Allerdings liegt der Fokus aus Effizienzgründen nicht bei einzelnen Liegenschaften, sondern auf ganzen Siedlungen und öffentlichen Gebäuden, denn das Leitungsnetz bildet sowohl technisch, als auch finanziell stets die Achillesferse solcher Wärmeverbünde.“

Für den Forstbetrieb brachte das neue Modell eine grundsätzliche Umkehr der Holznutzungs-Philosophie mit sich. Unten ist heute Oben, das Energieholz ist von einem Nebenprodukt mit geringer Wertschöpfung zum rentablen und zuverlässigen Motor der Waldbewirtschaftung geworden. Der Erlös für das Holz stieg spürbar an. Gleichzeitig sinkt der Aufwand für den Förster, da die Holzbereitstellung deutlich einfacher geworden ist. Dazu kommt – quasi als Sahnehäubchen – noch, dass pro Laubbaum mehr Holz nutzbar ist als vorher, da auch ein Teil des Astmaterials vollwertig verwendet werden kann. Bei den aktuellen Ölpreisen von 10 Rappen pro Kilowattstunde ist die Holzlösung sogar kostengünstiger. Es profitieren also beide Seiten ganz erheblich und haben darüber hinaus noch einen schönen Zusatznutzen.

 

Zwei Fliegen auf einen Streich: Wirtschaftlicher Gewinn und grosser Beitrag gegen die Klimaerwärmung

„Ich empfehle allen, dies in ihren Forstbetrieben auch so zu machen“, gibt Robert Walthert, Forstverwalter der Korporation Willisau, seine Erfahrungen zu Protokoll. Die Stadtpräsidentin, Erna Bieri, ergänzt: „Die Energie aus unserem eigenen Wald ist für die Energiestadt Willisau wichtig und leistet einen namhaften Beitrag gegen die bedrohliche Klimaerwärmung. Ein grosser Vertrauensbeweis in das Regionale ist zudem die Tatsache, dass in der Altstadt drei Viertel der Liegenschaftsbesitzer ihre Häuser an das Wärmenetz angeschlossen haben.“ In der ganzen Bevölkerung ist der Wärmeverbund heute ein Sympathieträger, vor allem auch deshalb, weil man damit gemeinsam einen messbaren Beitrag gegen die Klimaerwärmung leistet und das Geld in der Region bleibt. Leer gehen dabei die Ölscheichs und Gas-Oligarchen aus. „Darüber sind wir alle froh“, bestätigt lachend ein junger Bauer, der selber Wald besitzt und dank der Holz-Heizzentrale und dem Wärmenetz für sein Holz einen sicheren Abnehmer zu einem anständigen Preis gewonnen hat und ergänzt mit Schalk: „ Als Waldbesitzer muss ich lernen, das zu produzieren, was auf dem Markt nachgefragt wird und nicht das, was in verstaubten Lehrbüchern steht.“ Wer möchte da noch widersprechen!

 

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Der Branchenverband Holzenergie Schweiz betreibt seit 40 Jahren einen professionellen Informations- und Beratungsdienst und setzt sich bei Behörden und Entscheidungsträgern für eine vermehrte Nutzung der «Wärme aus dem Wald» ein.

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