Nationalrat lehnt Vorkaufsrecht für Gemeinden zugunsten des gemeinnützigen und preisgünstigen
Wohnraums ab
Verpasste Chance für mehr bezahlbaren Wohnraum
Der Nationalrat hat zwei Vorstösse zur Einführung eines Vorkaufsrechts von Gemeinden ab-
gelehnt. Damit wird den Gemeinden ein griffiges Instrument zur Schaffung von mehr gemein-
nützigem und preisgünstigem Wohnraum verwehrt. Angesichts des Wohnraummangels ist
dieser Entscheid für Wohnbaugenossenschaften Schweiz nicht nachvollziehbar.
Der Verband Wohnbaugenossenschaften Schweiz bedauert die Ablehnung der beiden Vorstösse
zur Einführung eines Vorkaufsrechts für Gemeinden (Parlamentarische Initiative Suter (23.465) und
Motion Imboden (22.4301)). Zahlreiche Gemeinden streben bei der Schaffung von Wohnraum eine
intensivere Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Bauträgern an und wollen ihnen Land im Baurecht
abgeben. Allerdings fehlen den Gemeinden die Grundstücke. Ein Vorkaufsrecht für Gemeinden
würde genau an dieser Stelle ansetzen.
Bereits 2014 durch den Bund geprüft
Die Einführung eines fakultativen, preislich nicht limitierten Vorkaufsrechts wäre der Umsetzung des
Verfassungsauftrages zur Wohnraumförderung dienlich (Art. 108 der Bundesverfassung). Zu diesem
Schluss kamen das Eidgenössische Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) und
das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) bereits in ihrem Bericht zur Prüfung des
Vorkaufsrechts für Gemeinden aus dem Jahr 2014. Zugleich gelangten sie zur Einschätzung, dass
der geringfügige Markteingriff verhältnismässig und durch ein öffentliches Interesse legitimiert ist.
Der Bundesrat entschied damals, das Vorkaufsrecht nicht weiterzuverfolgen. Er behielt sich jedoch
vor, auf seinen Entscheid zurückzukommen, wenn sich die Lage auf dem Wohnungsmarkt ver-
schärft. Dazu bemerkt Manuela Weichelt, Nationalrätin ZG und Vorstandsmitglied Wohnbaugenos-
senschaften Schweiz: «Die Situation auf dem Wohnungsmarkt spitzt sich zu und der wohnpolitische
Handlungsdruck steigt. Jetzt wäre der richtige Moment gewesen, dass der Bund die Grundlage für
ein Vorkaufsrecht für Gemeinden auf den Weg zu bringt».
Gemeinden wünschen grösseren Handlungsspielraum
Beim Vorkaufsrecht handelt es sich zudem um ein zentrales Anliegen der städtischen Gemeinden
und Städte. In einer Umfrage des Bundesamtes für Wohnungswesen und des Städteverbandes aus
dem Jahr 2022 gaben 80% der städtischen Gemeinden und Städte an, dass sie ein Vorkaufsrecht
befürworten. Die Mehrheit sieht dabei zudem auf nationaler Ebene Handlungsbedarf. «Viele Ge-
meinden verfügen über zu wenig Wohnraum und würden gerne Land im Baurecht abgeben, damit
mehr gemeinnützige Wohnungen geschaffen werden können», betont Eva Herzog, Ständerätin BS
und Präsidentin Wohnbaugenossenschaften Schweiz. «Ein Vorkaufsrecht würde den Gemeinden
mehr Handlungsspielraum geben – es ist eine verpasste Chance, ihnen dies jetzt nicht zu gewähren
und stattdessen den Ball den Kantonen zuzuschieben».

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