Todesfälle sind – nebst ihrer Tragik für die Angehörigen – mit unzähligen administrativen Umtrieben verbunden. Stirbt ein Mieter stellt sich für die Erben zusätzlich die Frage, was mit dem Mietobjekt zu geschehen habe. Obwohl das Gesetz diesbezüglich eine klare (anderslautende) Regelung enthält, ist die irrige Meinung weitverbreitet, der Tod eines Mieters löse dessen Mietverhältnis automatisch auf.

In Übereinstimmung mit dem in der Schweiz geltenden Erbrecht, wonach die Erben kraft Gesetzes mit dem Tode des Erblassers die Erbschaft als Ganzes erwerben (Art. 560 ZGB; sog. Universalsukzession), gehen auch die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis des Erblassers auf die Erben über. Art. 266i OR hält in diesem Sinne fest, dass die Erben das Mietverhältnis mit der gesetzlichen Frist auf den nächsten gesetzlichen Termin kündigen können, wenn der Mieter stirbt. Dies gilt, sofern die Parteien nicht bei Abschluss des Mietvertrages vereinbart haben, der Tod des Mieters löse das Mietverhältnis auf. Eine derartige Regelung ist selbstverständlich zulässig. Schlagen alle Erben die Erbschaft aus, fällt das Mietverhältnis in die amtliche Liquidation; Art. 266i OR gelangt diesfalls ebenfalls nicht zur Anwendung. Bei der Wohnungsmiete beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist drei Monate (Art. 266c OR). Was die gesetzlichen Termine betrifft, so sind die jeweils geltenden ortsüblichen Termine gemeint (Art. 266c OR). Dies im Gegensatz zu der ebenfalls weitverbreiteten irrigen Ansicht, gemäss geltendem Mietrecht sei jedes Monatsende ein gesetzlicher Kündigungstermin. Ortsüblich sind in den meisten Kantonen nach wie vor nur zwei bis drei Termine im Jahr. Wollen die Erben sich nicht an die gesetzliche oder allfällig bessere Regelung des Mietvertrages halten, müssten sie dem Vermieter einen zahlungsfähigen und (in objektiver Hinsicht) zumutbaren Ersatzmieter stellen, der bereit ist, das Mietverhältnis zu den gleichen Bedingungen zu übernehmen.

Die gesetzliche Regelung des Art. 266i OR ist vor allem bei befristeten Mietverhältnissen bzw. Mietverhältnissen mit einer festen Mindestdauer von Bedeutung, steht doch in derartigen Mietverhältnissen dem Mieter in der Regel keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit zur Verfügung. Stirbt beispielsweise der Mieter eines auf zehn Jahre fest gemieteten Einfamilienhauses vor Ablauf der Vertragsdauer, können dessen Erben mit der gesetzlichen Frist von drei Monaten auf den nächsten gesetzlichen (sprich ortsüblichen) Termin kündigen, ohne dem Vermieter einen Ersatzmieter stellen zu müssen.

Für die Gültigkeit der Kündigung braucht es in der Regel die Zustimmung sämtlicher Erben. Selbstverständlich kann die Erbengemeinschaft jemanden aus ihrer Mitte – ausdrücklich oder stillschweigend – bevollmächtigen, das Mietverhältnis des Verstorbenen zu kündigen. Ein Erbe kann zudem alleine handeln, wenn die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag gegeben sind oder Gefahr im Verzug ist (z.B. unbekannter Aufenthaltsort gewisser Erben).

14.12.2022 Thomas Oberle, lic.iur., Jurist beim HEV Schweiz
Webseite: https://www.hev-schweiz.ch/