Branche diskutiert über drohende Mangellage und weitere Herausforderungen
Die Energiekrise war beim Round Table Gebäudetechnik 2022 eines der vorherrschenden Themen. Zudem diskutierte die Branche auf Einladung von GebäudeKlima Schweiz und der Schweizerischen Normen-Vereinigung langfristige Strategien der Energiewende und liess sich über Entwicklungen im Normen- und Gesetzesbereich informieren.
Über 40 Vertretende der Gebäudetechnik-Industrie sowie von Behörden und Verbänden begrüsste Konrad Imbach, Geschäftsleiter von GebäudeKlima Schweiz (GKS), Ende September in Aarau zum Round Table Gebäudetechnik 2022. Alljährlich organisiert der bedeutendste Schweizer Hersteller- und Lieferantenverband der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik den Anlass gemeinsam mit der Schweizerischen Normen-Vereinigung (SNV), um den Austausch innerhalb der Branche zu fördern und über anstehende Herausforderungen zu diskutieren.
Dazu gehört zurzeit vor allem die Energiekrise. Stefan Batzli von aeesuisse, der Dachorganisation der Wirtschaft für erneuerbare Energien und Energieeffizienz, betonte jedoch, dass die Energiestrategie 2050 deswegen keinesfalls gescheitert sei. Vielmehr mache die aktuelle Situation die Energie-Abhängigkeit der Schweiz deutlich. Neben einem Überblick zu den angestrebten, kurzfristigen Massnahmen gegen die drohende Mangellage zeigte er entsprechend auf, wie die Energiewende langfristig Garant für mehr Versorgungssicherheit sein kann. Vor welche Herausforderungen die Energiewende die Branche aktuell stellt, machte Thomas Rusch von Weishaupt deutlich. So hat sich zum Beispiel das Nachfragewachstum für Wärmepumpen 2022 erneut beschleunigt. Gleichzeitig haben sich aber auch die Rahmenbedingungen erschwert, von den Lieferketten bis hin zum Fachkräftemangel. Trotz den widrigen Umständen habe die Branche gute Arbeit geleistet, betonte das GKS-Vorstandsmitglied. So sind die Hersteller bereit, grosse Investitionen in erneuerbare Technologien zu machen, und wirken mit Lehrgängen wie Fachfrau/Fachmann für Wärmesysteme von GKS dem Fachkräftemangel entgegen.
Wärmepumpen und Wasserstoff
Wie wichtig gut ausgebildete Fachkräfte sind, wurde am Round Table Gebäudetechnik 2022 beim Referat von Aldo Buntschu von Elcotherm deutlich. Der Vorsitzende der Fachgruppe Wärmepumpe von GKS zeigte auf, ob und wie sich Wärmepumpen mit Photovoltaik und/oder Solarthermie kombinieren lassen. Dabei machte er klar, dass beide Lösungen sinnvoll sein können. Entscheidend ist, dass jede Situation individuell betrachtet und Anlagen professionell zusammengestellt und programmiert werden, um einen hohen Eigenverbrauch zu erreichen, ohne die Wärmepumpe an ihre Leistungsgrenzen zu bringen.
Martin Rauen von Viessmann Schweiz wiederum warf in seinen Ausführungen die Frage auf, ob Wärmepumpen die einzige Lösung zur Erreichung der Klimaziele im Gebäudesektor seien und führte Wasserstoff als zusätzliche Säule zur Dekarbonisierung von Gebäuden auf. Eine Sanierung brauche Flexibilität, Zeit und Bezahlbarkeit, es gehe auch darum, die Energiewende sozialverträglich zu machen. Viessmann macht deshalb das gesamte Gas-Heizungsprogramm zu 100 Prozent H2-fähig. Auch GKS-Geschäftsleiter Konrad Imbach stellte fest, dass der Trend zwar in Richtung Wärmepumpen gehe. Es gebe aber weiterhin einen Bestand an fossilen Anlagen, der betreut werden müsse. Zudem ziele die Europäische Kommission zwar darauf ab, in einigen Jahren alleinstehende Heizkessel für fossile Brennstoffe zu verbieten. «Hybride Systeme werden zumindest als Brückentechnologie aber wieder ein Thema, zudem werden alternative Brennstoffe wie Wasserstoff viel diskutiert.»
Neuigkeiten aus der EU
Auf dieses geplante Verbot von «stand-alone» Heizkesseln für fossile Brennstoffe ging auch Günther Köb von Hoval ein, als er über Neuigkeiten zur Heiztechnik auf europäischer Ebene informierte. Dazu gehört der REPowerEU-Plan zur raschen Verringerung der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland und zur Beschleunigung des ökologischen Wandels. In diesem Zusammenhang sollen etwa Energie eingespart und der Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigt werden. Weiter ging er auf das Vorhaben der EU-Kommission ein, dass Daten besser zugänglich gemacht werden sollen (Data Act). Dazu gehören auch die Daten von Wärmeerzeugern, um Gebäudebesitzer und Mieter hinsichtlich des Energieverbrauchs zu sensibilisieren.
Die Zugänglichkeit von Daten war ebenfalls ein Thema bei den Ausführungen von Barbara Guder der SNV. Sie informierte über den neuen EU-Ökodesign-Vorschlag. Dieser hat zum Ziel, dass bis 2030 ein erheblicher Anteil der Produkte in der EU nachhaltiger, stärker kreislauforientiert und energieeffizienter sind. Neben Mindestkriterien zu Energieeffizienz oder Kreislauffähigkeit ist auch die Einführung eines «Digitalen Produktpasses» vorgesehen, auf dem alle Daten zu einem Produkt entlang seines Lebenszyklus enthalten sind – ein Thema, das gemäss Barbara Guder insbesondere produzierende Unternehmen frühzeitig angehen sollten.
Angeregte Diskussionen
Neuerungen könnten auch bei der Bauproduktegesetzgebung auf die Branche zukommen, wie Christoph Wüthrich von Bundesamt für Bauten und Logistik in seiner Präsentation ausführte. Dies, weil unter anderem vor dem Hintergrund des Grean Deals die Europäische Bauproduktenverordnung erneuert wird. In einem zweiten Referat präsentierte Christoph Wüthrich die Ergebnisse zum Postulat «Den Wildwuchs und Wirrwarr bei den Regeln der Baukunde beenden» von Nationalrat Beat Flach. Dieses verlangte vom Bundesrat unter anderem, aufzeigen, «wie der Bund künftig eine verbesserte Koordination der verschiedenen technischen Regelungen und der dahinterstehenden Akteure im Planungs- und Bauwesen sicherstellt». Dabei kam man zum Schluss, dass das aktuelle System mit gesetzlicher Grundlage und Vollzugshilfen prima vista gut funktioniere. Schwierigkeiten gebe es jedoch zum Beispiel, weil jede Organisation, welche sich dazu berufen fühle, eine Vollzugshilfe schreiben könne, und sich einzelne Vollzugshilfen überlappen würden. Der Bundesrat empfiehlt deshalb die Einführung einer Gesetzesgrundlage mit Lenkungselementen zu Vollzugshilfen. Eine Empfehlung, die gleich wie zahlreiche der vorangehenden Themen zu angeregten Diskussionen am Round Table führte. «Genau so, wie es das Ziel dieses Branchenaustausches ist», freute sich GKS-Geschäftsleiter Konrad Imbach.
GebäudeKlima Schweiz
GebäudeKlima Schweiz ist der bedeutendste Schweizer Hersteller- und Lieferantenverband der Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Die Mitglieder sind mehrheitlich Systemanbieter und unterhalten gesamtschweizerische Verkaufs- und Servicenetze. Als «Stimme der Gebäudetechnik-Industrie» bringt GebäudeKlima Schweiz die Meinung der Industrie zu aktuellen Themen in die politische Diskussion mit ein, verhandelt mit Behörden und Verbänden, engagiert sich für optimale Rahmenbedingungen für die Schweizer Gebäudetechnik-Industrie, übernimmt eine wichtige Rolle in der Aus- und Weiterbildung und wird durch den branchenübergreifenden Austausch unter den Mitgliedern zu einem wichtigen Innovations- und Kompetenzzentrum.
Weitere Informationen: www.gebaeudeklima-schweiz.ch