Die Holzenergie hat im Zuge der Diskussionen um Klimaerhitzung, Winterstromlücke und Energiewende an Aktualität gewonnen. Konrad Imbach, Präsident des Verbandes Holzenergie Schweiz ist an vorderster Front dabei, wenn es um zweitwichtigste Schweizer Energiequelle geht. Im persönlichen Gespräch betont er, wie wichtig die Holzenergie zur Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele der Schweiz ist.

Bei Konrad Imbach laufen viele Fäden zusammen, wenn es um die Holzenergienutzung geht. In Coronazeiten arbeitet auch er oft von zuhause aus und stellt ein steigendes Interesse an der schon heute zweitwichtigsten einheimischen Energie fest. Christoph Rutschmann möchte von ihm wissen, wo die Holzenergie heute steht und wohin die Reise noch gehen kann.

Christoph Rutschmann CR: Zehntausende arbeiten momentan im Homeoffice. Wirkt sich das auf die Entwicklung der Holzenergie aus?
Konrad Imbach KI: Menschen, die infolge Homeoffice plötzlich viel mehr Zeit zuhause verbringen, möchten sich möglichst behaglich einrichten. Dazu gehört das Feuer in den eigenen vier Wänden. Wer das Privileg hat, eine Wohnraumfeuerung zu besitzen, benützt diese wieder vermehrt. Viele möchten ihre alten Anlagen sanieren, beispielsweise ein unnützes offenes Cheminée durch einen modernen Kaminofen oder ein effizientes Speichercheminée ersetzen. Das ist sowohl schön als auch nützlich. Die in jüngster Zeit stark gestiegenen Öl- und Gaspreise schaffen einen zusätzlichen Anreiz, die Zentralheizung auf lediglich 18 Grad einzustellen und behagliche 21 Grad mit der Wohnraumfeuerung zu erreichen. Da jedes Grad weniger in einem Haus etwa sechs Prozent Energie spart, kann man mit einer guten Wohnraumfeuerung 15 bis 20 Prozent fossile Energie einsparen. Ich selber heize zuhause schon lange mit Holz und möchte nichts anderes.

CR: Eine vermehrte Nutzung der Holzenergie muss im Interesse der Energiepolitik sein. Tut die öffentliche Hand genug dafür?
KI: Das Bundesamt für Energie BFE hat die Bedeutung der Holzenergie schon früh erkannt und fördert sie mit verschiedensten Massnahmen seit mehreren Jahrzehnten. Zu erwähnen sind Forschungs- und Entwicklungsprojekte, Pilot- und Demonstrationsanlagen, Projekte zur Verbesserung der Qualität der Anlagen, Beratungs- und Kommunikationsmassnahmen sowie auch viele grössere Holzschnitzel- oder Pelletheizungen mit oder ohne Wärmenetz. Auch das Bundesamt für Umwelt BAFU ist sich der Bedeutung der Holzenergie bewusst. Dem BAFU gegenüber, das unter anderem für die Luftreinhaltung verantwortlich ist, weisen wir immer wieder auf die grossen Erfolge unserer Branche im Bereich der Reduktion von Emissionen hin. So hat sich in den letzten zwanzig Jahren die Energieholznutzung etwa verdreifacht, und dabei sind die Feinstaubemissionen von gesamthaft 7’000 auf heute noch 2’000 Tonnen zurückgegangen. Erfreulich ist zudem das wachsende Interesse der Kantone, die ebenfalls teilweise sehr gute Fördermassnahmen kennen. Dazu kommt das Förderprogramm der Stiftung Energiezukunft Schweiz EZS. Es unterstützt nach schweizweit einheitlichen Kriterien zahlreiche Holzenergieprojekte finanziell, mit dem Ziel, die CO2-Emissionen spürbar zu verringern. Mit Freude stelle ich fest, dass sich das Engagement aller Beteiligter lohnt. Vor dreissig Jahren deckte die Holzenergie gerade noch etwa drei Prozent des Wärmemarktes ab. Heute sind es wieder deutlich mehr als zehn Prozent. Da ist also sehr viel gegangen.

CR: Die Schweiz hat sich im Rahmen des Pariser Abkommens verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Schaffen wir das? Und welche Rolle spielt dabei die Holzenergie?
KI: Ich persönlich erachte das Ziel als wichtigen Leuchtturm. Der Weg dorthin ist lang und anspruchsvoll. Es braucht alle erneuerbaren Energien, damit wir das Ziel erreichen können. Holzenergie spielt dabei eine wichtige Rolle, das Potenzial ist aber nicht unbegrenzt. 2020 lag der effektive Energieholzumsatz inklusive Holz in Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) in der Schweiz gemäss der Schweizer Holzenergiestatistik bei insgesamt 4,95 Millionen Kubikmeter Holz. Diese Menge ersetzt rund 1 Million Tonnen Heizöl. Das ist schon mal eine gewaltige Menge, aber eben nur ein relativ kleiner Teil des gesamten Verbrauchs. Abklärungen ergaben ein heute noch ungenutztes Energieholz-Potenzial von etwa 2 bis 3 Millionen Kubikmetern. Wir können – grob gesagt – die heutige Nutzung noch um etwa 50 Prozent erhöhen. Damit könnten wir insgesamt knapp 20 Prozent des heutigen Wärmemarktes abdecken. Es braucht also auch noch alle anderen erneuerbaren Energien zur Zielerreichung. Deshalb ist es wichtig, die Erneuerbaren nicht gegeneinander auszuspielen. Unser gemeinsames Ziel muss sein, die fossilen Energien aus dem Heizungsbereich zu verdrängen und gleichzeitig den Energiebedarf der Gebäude weiter zu senken.

CR: Wie sieht denn die heutige Nutzung der Holzenergie genau aus?
KI: Von den 4,95 Millionen genutzten Kubikmetern ist deutlich mehr als die Hälfte – nämlich 2,7 Millionen Kubikmeter – naturbelassenes Holz. Davon wiederum wird immer noch ein Drittel, d.h. 0,9 Millionen Kubikmeter, als Stückholz genutzt. Naturbelassenes, nichtstückiges Holz, das sind überwiegend Holzhackschnitzel, machen etwa 1,8 Millionen Kubikmeter aus. Für die Herstellung von Pellets kommen etwa 0,55 Millionen Kubikmeter dazu. In holzverarbeitenden Betrieben fallen zudem jährlich etwa 0,65 Millionen Kubikmeter Restholz zur energetischen Nutzung an. Das sogenannte Altholz aus Gebäudeabbrüchen oder Holzprodukten am Ende des Produktzyklus’ macht, inklusive dem in KVA genutzten Altholz, weitere 1,05 Millionen Kubikmeter aus, ist also ebenfalls eine sehr wichtige Grösse.
Energieholz ist ein vielfältiger Rohstoff. Ebenso vielfältig sind die verschiedenen Feuerungen: Die Holzenergiestatistik weist 20(!) verschiedene Anlagenkategorien aus, vom Cheminée über Zimmeröfen, Stückholzkessel, Pellet- und Holzschnitzelfeuerungen bis zu Anlagen zur Stromerzeugung (Wärme-Kraft-Koppelungsanlagen WKK) oder KVA.

CR: Wo sehen Sie die Holzenergie in zehn Jahren?
KI: Ich hoffe, dass in zehn Jahren das gesamte zur Verfügung stehende Potenzial genutzt wird. Denn es ist schade, wenn wir unsere eigenen Energiequellen brachliegen lassen und gleichzeitig für Milliarden Franken fossile Energien aus undemokratischen Ländern importieren. Gewisse Entwicklungen auf technischer Ebene werden weitergehen. Ich kann mir vorstellen, dass Holz bei geeigneten Rahmenbedingungen mittels Wärme-Kraft-Koppelung vermehrt zur Herstellung von Strom und von Energie für industrielle Prozesse verwendet wird. Mit solchen Anlagen könnten wir alles in der Schweiz anfallende Altholz nutzen, statt es zu exportieren und dafür auch noch zu bezahlen. Schön wäre auch, wenn vielversprechende Ansätze wie zum Beispiel die Herstellung von Pflanzenkohle für die Landwirtschaft eine gewisse Bedeutung erlangten. Das würde die Wertschöpfung aus dem wertvollen Rohstoff Holz erhöhen. Erste solche Anlagen stehen bereits heute in Betrieb. Wichtig ist, je nach Rahmenbedingungen die richtige Lösung zu wählen, damit aus unserem Energieholz neben dem Hauptprodukt Wärme auch Strom, Prozessdampf und Pflanzenkohle hergestellt werden können. Das Faszinierende an der Holzenergie ist ihr breites Einsatzspektrum. Mit Holz kann ich ein Einfamilienhaus effizient beheizen, einen Wärmeverbund klimaneutral betreiben, Prozessdampf zum Beispiel für die Lebensmittelindustrie produzieren, mittels Dampfturbinen oder Gasmotoren Strom oder gar Pflanzenkohle als Zusatz für die Tiernahrung oder industrielle Prozesse erzeugen. Ich wünsche mir ein friedliches Nebeneinander all dieser Anwendungsmöglichkeiten. Und dies im Einklang mit allen anderen einheimischen, erneuerbaren, klimafreundlichen Energien. Wenn sich unser Land klar zu den erneuerbaren Energien bekennt, schaffen wir den Ausstieg aus den fossilen Energien. Dies vielleicht nicht gerade in zehn Jahren, aber bis etwa 2040 kann das gut möglich sein. Dafür setze ich mich mit Herzblut ein.

Kontakt: info@holzenergie.ch
Webseite: https://www.holzenergie.ch

Bildquelle: Holzenergie Schweiz, Christoph Rutschmann