Die Schweizer Gaswirtschaft macht einen weiteren Schritt, um die Gasversorgung im
Winter 2022/23 abzusichern. Der kritische Punkt bleibt, dass das beschaffte Gas
tatsächlich in die Schweiz gelangt. Der Bundesrat muss sich zwingend weiter dafür
einsetzen, um von den Nachbarländern entsprechende Zusagen zu erhalten.
Die Task Force von Vertretern der Bundesbehörden, Gaswirtschaft und Energielieferanten,
angeführt vom Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG), legte dem Bundesrat an
seiner heutigen Sitzung das Detailkonzept zu den im Mai beschlossenen Massnahmen vor.
Das Konzept sieht eine Beschaffung von 15 Prozent der ordentlichen Beschaffung in der Form
von Speichermengen sowie einer Überdeckung mit dem Erwerb von Optionen in der Höhe
von 6 TWh vor. Es dient dazu, die Folgen eines allfälligen Ausfalls russischer Gaslieferungen
zu minimieren. Statt alle Lieferanten zu entsprechenden Massnahmen zu verpflichten,
wurden aus pragmatischen Gründen stellvertretend die fünf regionalen Gasnetzbetreiber
verpflichtet, die Massnahmen umzusetzen. Im Gegenzug können sie die Kosten in die
Netznutzung einrechnen. Das Konzept bietet keine absoluten Garantien, aber eine
pragmatische Lösung im Rahmen des Möglichen und orientiert sich an den Bestimmungen
der EU zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit. «Es bleibt unabdingbar, dass der Bund
seine Bemühungen hochhält, zwischenstaatliche Vereinbarungen insbesondere mit
Deutschland, Frankreich und Italien zu treffen», hält VSG-Direktorin Daniela Decurtins fest.
Die Task Force verabschiedete das nun vorliegende Detailkonzept einstimmig. Darin wird der
Einsatz von Speichern und Optionen, der Zugang der verschiedenen Marktakteure und die
Konditionen geregelt:
• Die Regionalgesellschaften bewirtschaften die Speichermenge im Rahmen ihres
normalen Portfolios. Drittlieferanten erhalten Zugang zu Marktkonditionen, aber nur
wenn sie das wünschen.
• Die Optionen sind für den Krisenfall gedacht und können nur bei einer Verschärfung
der Situation abgerufen werden, alle zahlen den Selbstkostenpreis der Optionen plus
einen Zuschlag von drei Prozent.
Die Regionalgesellschaften führen eine separate Buchhaltung über ihre Aufwendungen und
Erträge, die von einer unabhängigen Revisionsgesellschaft geprüft wird. Der Bericht zum
Detailkonzept kann auf der Webseite des VSG unter folgendem Link eingesehen werden:
https://gazenergie.ch/fileadmin/user_upload/medienmitteilung/2022/20220627-MMBericht-der-Task-Force-Winterversorgung-2022.pdf / (Dokument nur D).
Anspruch der Task Force war es, die Lösungen diskriminierungsfrei zu gestalten. Das
Sekretariat der Wettbewerbskommission begleitete beratend (die Arbeiten.
Der nun vorliegende Bundesratsentscheid erlaubt es den regionalen Gasnetzbetreibern die
geplanten Massnahmen rasch umzusetzen. Von der physischen Gasreserve sind derzeit ca.
60 Prozent gesichert. Für die Optionen wurden inzwischen Offerten eingeholt. Diese werden
auf Grund des Bundesratsentscheids nun erworben. Derzeit lässt sich Gas nach wie vor am
Markt beschaffen, trotz der Reduktionen der Gaslieferungen aus Russland auf Nord Stream 1,
dem Ausfall der amerikanischen LNG-Anlage Freeport und der anziehenden Konjunktur in
Asien. Eine Verschlechterung der Lage ist aber nicht auszuschliessen. Die Preise sind in den
letzten Tagen erneut stark gestiegen. Die Branche zählt fest auf die Zusage des
Bundesrates, dass durch die Einigung der verschiedenen Marktakteure auf das
Detailkonzept die kartellrechtlichen Verfahrensrisiken minimiert wurden und er aktiv werden
würde, falls dennoch Verfahren eingeleitet würden.
Der VSG begrüsst zudem, dass der Bund Bemühungen zum Aufbau von
Gasspeicherkapazitäten in der Schweiz unterstützen will. Entsprechende Projekte sind
bislang an der Wirtschaftlichkeit und mangelnder Unterstützung durch die Behörden
gescheitert.
Falls trotz der verschiedenen Massnahmen in der Schweiz eine Gasmangellage eintreten
sollte, die von der Gasbranche nicht mehr mit marktwirtschaftlichen Lösungen behoben
werden kann, trifft der Bund d.h. das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung die
notwendigen Bewirtschaftungsmassnahmen. Das heute vorgestellte Konzept zur
Bewirtschaftung steht im Einklang mit den Beschaffungsmassnahmen und orientiert sich
ebenfalls an Regeln der EU. Der VSG baut aktuell im Auftrag des Bundes eine
Kriseninterventionsorganisation auf, die es anders als im Strom im Gas aktuell noch nicht
gibt. Ihr kommt die Aufgabe zu, die aktuellen Entwicklungen zu beobachten und im
Mangellagefall die Netzbetreiber bei der Umsetzung der vom Bund angeordneten
Massnahmen zu unterstützen.
Die Arbeiten machten eines einmal mehr deutlich: Die Schweiz braucht dringend eine
gesetzlich geregelte Gasmarktordnung, die Rechtssicherheit für die Branche schafft.
Dadurch wären einfachere, raschere Lösungen möglich geworden, wie das Beispiel von
Deutschland zeigt. Der VSG fordert den Bundesrat auf, das Gesetz jetzt schnell
voranzutreiben, um für den übernächsten Winter besser aufgestellt zu sein. Die Branche
verlangt seit 2015 ein Gesetz, das seither von der Politik auf die lange Bank geschoben wird.
Das ist inakzeptabel. «Es braucht rasch ein Gesetz, das Rechtssicherheit beim Marktzugang
schafft und Anforderungen an die Versorgungssicherheit berücksichtigt», hält Decurtins fest.
Durch verschiedene Massnahmen der Schweizer Gasversorger und der europäischen
Entwicklungen dürfte sich der Anteil des russischen Gases im Schweizer Mix in den
vergangenen Monaten bereits erheblich reduziert haben. «Die Schweizer Gaswirtschaft will
bestehende Abhängigkeiten von russischem Gas möglichst schnell reduzieren und die
alternativen Bezugsmöglichkeiten breit abstützen», sagt Daniela Decurtins. Die Schweizer
Gaswirtschaft unterstützt das Netto-Null-Ziel 2050 des Bundes. dadurch wird Erdgas in den
kommenden Jahren immer mehr durch erneuerbare und klimaneutrale Gase ersetzt, die
neben Biogas auch synthetisches Methan und Wasserstoff umfassen. Es braucht jedoch
seine Zeit, um die Gasversorgung vollständig zu dekarbonisieren. Im Zuge der zunehmenden
Elektrifizierung zeichnen sich schon heute vermehrt Stromengpässe im Winter ab, zudem
werden heute grosse Mengen an Strom importiert, die aus nicht erneuerbaren Quellen
stammen. Wärme-Kraft-Kopplungsanlagen (WKK), die mit erneuerbaren Gasen betrieben
werden, können einen wichtigen Beitrag leisten, die Winterstromproblematik zu entschärfen.
Mit 15 Prozent am Endenergieverbrauch ist Erdgas in der Schweiz gegenwärtig ein
bedeutender Energieträger, insbesondere auch für die Industrie

Verband der Schweizerischen Gasindustrie